Eine große Frage, die einige Frauen verunsichert: Wie kannst du durch die Bestimmung der fruchtbaren Tage im Zyklus natürlich schwanger werden? Auf dem Markt gibt es zahlreiche Methoden zur Bestimmung des fruchtbaren Zeitfensters und viele Frauen mit Kinderwunsch fragen sich, welche Methode die beste ist.
Ich begleite Frauen beim Schwangerwerden energetisch und spirituell und habe Anne Zietmann als Expertin zu einem Interview für dieses Thema eingeladen. Anne ist Fruchtbarkeitsexpertin für NFP und beantwortet diese Frage fachkompetent.
Anne betreibt seit 2011 einen sehr erfolgreichen Blog übers natürliche Schwangerwerden mit einer speziellen Methode zur Bestimmung der fruchtbaren Tage im Zyklus. Seit 2013 ist Anne auch zertifizierte Fruchtbarkeitsberaterin für Natürliche Familienplanung. Sie hilft seit vielen Jahren zahlreichen Frauen auf ihrem natürlichen Weg zum Wunschkind.
Liebe Anne, nun existieren ja sehr viele Methoden zur Bestimmung der fruchtbaren Tage auf dem Markt. Welche Methode ist deiner Ansicht nach die beste?
Ganz objektiv ist die Methode die beste, die in Studien überzeugen kann, für viele Frauen funktioniert und auch für den Geldbeutel bezahlbar ist. Nun, wenn man sich diese Aspekte genauer anschaut, ist die symptothermale Methode (NFP) aktuell die beste Methode, um die fruchtbaren Tage im Zyklus zu bestimmen und seine Chancen auf ein Wunschkind zu steigern.
Kannst du kurz erklären, wie die symptothermale Methode funktioniert?
Ja, natürlich sehr gern. Bei der symptothermalen Methode, welche umgangssprachlich auch NFP genannt wird, beobachtet man die Eisprungzeichen. Das sind die Basaltemperatur und der Zervixschleim im Zyklusverlauf. Hierzu dokumentiert man beispielsweise, welche Basaltemperatur man morgens gemessen hat und welchen Zervixschleim man im Tagesverlauf beobachtet hat. Das macht man Tag für Tag in einem Zyklusblatt oder einer geeigneten NFP-App. Anschließend kann man die so entstandene Temperaturkurve bzw. den Schleimverlauf mithilfe von festen NFP Regeln auswerten. Somit kann man die fruchtbaren Tage im Zyklus bestimmen.
Wie erfolgreich ist diese Methode bei Kinderwunsch. Gibt es Studien oder Beweise, dass die symptothermale Methode bei Kinderwunsch die Schwangerschaftsrate steigern kann?
Die symptothermale Methode kann nachweislich die Schwangerschaftsrate steigern, wie Studien zeigen. Eine Studie aus dem Jahr 2003 zeigte, dass 81% der teilnehmenden Frauen nach sechs Monaten schwanger wurden, welche die symptothermale Methode (NFP) zur Bestimmung der fruchtbaren Tage bei Kinderwunsch nutzten. Im Vergleich dazu wurden im gleichen Zeitraum nur rund 60% der Frauen ohne konkrete Methodik schwanger. Nach 12 Monaten waren sogar 92% der Frauen in dieser Studie mit Hilfe von NFP schwanger geworden.
Weitere Studien aus dem Jahr 2007 zeigen, dass NFP auch in schwierigen Kinderwunsch-Fällen wie z. B. nach bereits sehr langer Wartezeit, „hohem“ Alter (über 35 Jahre), eingeschränkter Fruchtbarkeit etc. die Schwangerschaftsrate deutlich steigern kann.
Du hast schon angesprochen, dass viele Frauen Apps verwenden, um ihre fruchtbaren Tagen zu bestimmen. Welche App ist für die Eintragung der Eisprungzeichen wie zum Beispiel Zervixschleim und Basaltemperatur mit NFP empfehlenswert?
Ja, das ist eine wichtige Frage. Tatsächlich zeigten schon Testergebnisse einer Studie aus dem Jahr 2017, dass viele Apps für die Bestimmung der fruchtbaren Tage gänzlich ungeeignet sind. Das liegt daran, dass sie den Zeitpunkt des Eisprungs nur mathematisch anhand von vorhandenen Angaben errechnen.
Aus meiner Sicht sind aktuell LadyCycle für Android und die Lily App für das iPhone die besten Apps auf dem Markt (unbezahlte Werbung). Ich möchte allerdings davor warnen, sich nur auf die App zu verlassen. Eine App ist nur so gut, wie die Anwenderin sie bei der Zyklusbeobachtung verwendet. Wird die Basaltemperatur zum Beispiel falsch gemessen oder der Zervixschleim nicht korrekt beobachtet, bestimmt die App eventuell die fruchtbaren Tage nicht richtig.
Desweiteren gibt es ständig Updates der Apps, hierbei haben wir bei vielen Frauen immer wieder Fehler bei der Auswertung der fruchtbaren Tage bemerkt. Wir empfehlen daher immer die symptothermale Methode (NFP) in einem Kurs oder mithilfe eines Fachbuches zu erlernen und die fruchtbaren Tage selbst zu bestimmen. Klar – als digitale Eintragungsmöglichkeit ist es eine tolle Sache, aber die Auswertung würde ich persönlich immer nochmal selbst hinterfragen.
Wo kann man solche Kurse besuchen oder ein solches Fachbuch erwerben?
In größeren Städten gibt es tatsächlich offline NFP-Kurse, wo man real mit anderen Paaren zusammen die symptothermale Methode erlernen kann. Ich habe viele Jahre in Berlin solche Kurse geleitet. Das Kurs-Netz ist allerdings sehr dünn und gerade die Frauen auf dem Land oder in kleineren Städten finden oft keine NFP-BeraterInnen in ihrer Nähe. Für diese Frauen haben wir ein eBook* geschrieben, mit welchem man die symptothermale Schritt für Schritt anhand von Übungszyklen und Lösungen erlernen kann. Ebenso bieten wir Frauen und Paaren, die lieber über Videos lernen und persönliche Begleitung wünschen, auch einen Videokurs* zum Erlernen der symptothermalen Methode inklusive E-Mail-Support an.
*Werbung: Diese Links sind Affiliate Links, du bezahlst nicht mehr und ich (Annick) bekomme eine kleine Provision.
Viele Frauen setzen bei der Bestimmung der fruchtbaren Tage auch auf Zykluscomputer oder Fruchtbarkeitsarmbänder. Was hältst du davon?
Erstmal begrüße ich es, dass die Menschheit auf der Suche nach einem Fruchtbarkeitscomputer ist, der die fruchtbaren Tage einer Frau exakt und automatisiert bestimmen kann.
Wir alle möchten, dass es für die Frauen einfacher wird, ihre fruchtbaren Tage zu bestimmen.
Allerdings muss klar gesagt werden, dass die Zykluscomputer bisher nicht ausreichend untersucht sind. Ebenso wurde der „Superfruchtbarkeitscomputer“ bisher noch nicht entwickelt. Alle Geräte auf dem Markt haben ihre Vor- und Nachteile. Zu den meisten Zykluscomputern und auch bei Fruchtbarkeitsarmbändern findet man keine Studie mit Schwangerschaftsrate, die deren Wirksamkeit belegen. NFP hat in Studien der Stiftung Warentest
alle damals gängigen Zykluscomputer auf dem Markt ohne Konkurrenz geschlagen.
Ich habe viele Zykluscomputer getestet, kein Computer kam an die Genauigkeit der symptothermalen Methode heran. Die Computer haben zudem viele Einschränkungen wie zum Beispiel, dass man nur in einem Zeitintervall von 5 bis 6 Stunden morgens Temperaturwerte messen kann. Die Temperaturwerte können im späteren Verlauf kaum nachgetragen werden und für längere Zyklen (>45 Tagen) funktionieren sie nicht. So kommen die Zykluscomputer vor allem bei Schichtarbeit und schwierigen Zyklen (PCOS) nicht infrage. Es sind eher Geräte für Frauen mit Standardzyklen, die sich etwas Arbeit sparen möchten.
Fruchtbarkeitsarmbänder sind generell nicht empfehlenswert, um damit schwanger zu werden oder gar zu verhüten. Sie konnten in Studien nicht überzeugen und messen teilweise Parameter, die unter Fachleuten hoch umstritten sind. Die Forschungsgruppe NFP
schreibt zu diesem Thema:
„Aktuell wird z. B. ein nachts anzulegendes Armband mit Sensorsystem namens Ava besonders propagiert, das Hauttemperatur, Pulsrate und anderes misst. Häufig ist eine gewisse Korrelation solcher Parameter zu den Zyklusphasen festzustellen, die in der Regel jedoch nicht eng genug ist, um für Kinderwunsch oder Kontrazeption geeignet zu sein.“
Deswegen ist es weiterhin so, dass Frauen durch eigene Kompetenz am besten das fruchtbare Fenster feststellen können (wie man das lernt, siehe oben). Sie sollten sich nicht von Werbung und Marketing einreden lassen, dass neu entwickelte Produkte besser sind als ihre eigene Wahrnehmung.
Du rätst auf deinem Blog häufiger dazu, dass die Frauen die symptothermale Methode selbst erlernen und die fruchtbaren Tage selbst bestimmen sollen. Gibt es noch weitere Vorteile der Selbstauswertung der fruchtbaren Tage gegenüber einem Zykluscomputer?
Einer der größten Vorteile ist, dass die symptothermale Methode bei jeder Zykluslänge für fast alle Frauen funktioniert. In Studien konnten in etwa 94,5% der Zyklen der teilnehmenden Frauen die fruchtbaren Tage bestimmt werden. Sogar bei Schichtarbeit und unregelmäßigen Zyklen konnten immerhin noch in ca. 80% der Zyklen die fruchtbaren Tage bestimmt werden. Dies ist der Grund, warum viele Frauen bei Schichtarbeit, Zykluschaos nach Pille oder Zyklusbesonderheiten wie PCOS gern und häufig NFP anwenden, um ihre fruchtbaren Tage im Zyklus zu bestimmen. Es gibt einen schönen Satz, den ich zu diesem Thema gern sage und der die Sache gut auf den Punkt bringt:
Du musst dich nicht an die symptothermale Methode (NFP) anpassen, damit sie funktioniert. Die symptothermale Methode passt sich an dich an.
Ein Zykluscomputer funktioniert nachweislich nicht für alle Frauen, wie jede Frau in der Packungsbeilage bei den typischen Einschränkungen wie einem längeren Zyklus, Zykluschaos nach Absetzen der Pille und anderem nachlesen kann.
In deinen Videos sagst du häufig, dass die symptothermale Methode mehr ist, als nur eine Methode zur Bestimmung der fruchtbaren Tage. Wie meinst du das?
Ja, das stimmt. Mit keiner anderen Methode zur Bestimmung der fruchtbaren Tage lässt sich Zyklusdiagnostik betreiben. Hierbei kann man mit NFP die Ursachen, die eine Schwangerschaft unter Umständen erschweren, anhand von Temperatur- und Schleimverlauf eingrenzen.
Die Grundidee ist hierbei sehr simpel: Die Basaltemperatur ist ein Marker für das Progesteron und der Zervixschleim für das Östrogen. Das Östrogen und das Progesteron sind die zwei wichtigsten Hormone im Eierstock, die den weiblichen Zyklus steuern. Beobachtet man also seinen Schleim- bzw. Temperaturverlauf, beobachtet man eigentlich auch den Verlauf der Hormone Östrogen und Progesteron, ähnlich wie es bei einem ärztlichen Hormonbluttest gemacht wird.
Mithilfe statistischer Auswertung von mehr als 40.000 Zyklen von über 2000 Frauen weiß man, welche Temperatur- und Schleimverläufe zum Schwangerwerden optimal sind. Ebenso lassen sich Krankheitsbilder des Zyklus erkennen.
Somit kann man mithilfe von fünf Fragen checken, ob die eigenen Zyklen zum Schwangerwerden optimal sind. Wir erklären sie ausführlich in einem Kapitel zur Zyklusdiagnostik in unserem Buch.
Unter Umständen kann man mit NFP auch Zyklusbesonderheiten frühzeitig erkennen, wie Gelbkörperschwäche oder Ovarialinsuffiz, die eine Schwangerschaft erschweren. Dies ist vor allem dann bedeutsam, wenn man über 35 Jahre ist, denn hier nehmen die Zyklusbesonderheiten statistisch zu. Bleiben sie unerkannt und unbehandelt, kann dies dazu führen, dass es unter Umständen schwieriger ist, auf natürlichem Weg schwanger zu werden.
Du berätst ja schon viele Jahre Frauen zu NFP. Was ist das bisher schönste Erlebnis, das du als Fruchtbarkeitscoach erlebt hast?
Das ist schwer zu sagen. Für mich ist es immer wieder schön zu erleben, wenn Frauen auf natürlichem Weg schwanger werden. Besonders erfüllend ist es jedoch, Schwangerschaften trotz der Diagnose “unfruchtbar” zu sehen. So habe ich Frauen begleitet, die trotz 100-Tage-Zyklen infolge von PCOS ohne Medikamente natürlich schwan ger geworden sind.
Sehr gern begleite ich auch Frauen im 3-Schicht-System, weil die Zyklen dann immer eine kleine Herausforderung sind. Hier wurde auch kürzlich wieder eine Frau schwanger, was mich echt mega gefreut hat. Am meisten beeindruckt hat mich eine Frau, die im zweiten Zyklus mit NFP mit 47 Jahren natürlich schwanger geworden ist. Das hat mir gezeigt, dass die natürliche Fruchtbarkeit viel größer ist als viele glauben.
Danke, liebe Anne, für das ausführliche Interview, ich denke, du hast vielen Frauen mit diesen klaren Fakten mentale Kraft und Orientierung gegeben!